Wenn man unter Erziehung allgemein die Einwirkung des Erziehers auf den Erziehenden auffässt, dann lässt sie sich im Hinblick auf den Grad der Einwirkung thematisieren.
- Erziehung als spezielle Form direkter Einwirkung
Die klassischen oder die operanten Konditionierenstheorien verstehen z.B. dabei Erziehung als ein herstellendes Machen analog zur handwerklichen Produktion eines Gegenstandes. Dieser Erziehungsbegriff basiert auf dem Verständnis, dass Erzieher die Zöglinge formen und von daher deren Verhalten kontrollieren (= affimiative Pädagogik). –> Villaume: Der Einzelne wird in den Dienst der Gesellschaft genommen ( „Im Interesse der Gesellschaft kann Gehorsam statt Vernunft, kann mechanische Fertigkeit statt Einsicht, kann Alltagszufriedenheit statt verunsicherndem Wissen gefordert sein“
- Erziehung als Sich-Entwickeln
Eine andere Auffassung von Erziehung setzt darauf weitestgehend auf äußere Einwirkung zu verzichten (Bsp: „Emile“ von Jean Jaques Rousseau). Der Erzieher beschränkt sich darauf schlechte Einflüsse der Umwelt zu verhindern (negative Erziehung) und ggf. Umweltreize für das Kind zu arrangieren. Das Kind soll jedoch seine Erfahrungen selbst sammeln.
Begründungen auf die Frage: Warum müssen wir erziehen?
- Übergang zu einer mündigen Person
Nach Immanuel Kant umfasst der Begriff Erziehung den Übergang von Unmündigkeit zur Mündigkeit. Ziel ist es die Heranwachsende zu „Weltbürgern“ zu machen, die Teil einer Gesellschaft sind und gelernt haben deren Regeln zu folgen. Erst später kann der Mensch auf grundlage des erlernten seine eigenen Regeln entwickeln und zu einer eigenständigen Persönlichkeit werden.
–> Kritik : (Lenzen) Erst beim Erreichen des Zustands der Mündigkeit zeichnet man sich als ein „richtiger Mensch“.
- Machtausgleich
Erziehen bedeutet das Gefälle der Macht aufzuheben, sodass das Kind
Schritt für Schritt seiner selbst mächtig wird. Oftmals ist bei diesem Analyseansatz Erziehung negativ konnotiert. Das Konzept der „schwarzen Pädagogik“ (Katharina Rutschky 1988) befasst sich z.B. vor allem mit dem Missbrauch des Machtgefälles.
2. Begründung im Generationenverhältnis
Es besteht eine assymetrisch Beziehung zwischen alt und jung. Die Älteren wirken zuerst auf die Jungen ein, bis sich eine symmetrische Relation entwickelt hat. Erst dann ist die Erziehung (das Einwirken) „abgeschlossen“ und der Mensch ist mündig, sodass es zu einem „Zusammenwirken“ kommen kann.
Die Grundstruktur von Erziehung
Erziehende: Eltern, Erzieher in Institutionen (Kindergärtner, Lehrer usw.)
Erzogene: Kinder
Erziehungsmittel: Ungewissheit über den Erfolg der gewählten Mittel (Erziehungsstile: z.B. autoritär, kooperativ, laisser-faire)
Erziehungsabsichten: Im Gegensatz zur Sozialisation immer intendiert; Es besteht jedoch nicht zwangsläufig ein kausaler Zusammenhang zwischen Absicht und Wirkung. Daraus ergibt sich, dass eine erzieherische Handlung notwendigerweise aber nicht hinreichenderweise geplant ist.
Erziehungswirkung: der Erzieher gibt seine eigenen Werte und Ansichten an den Zögling weiter, dem Kind muss die Chance gegeben werden Werte und deren ethische Relevanz zu verstehen und zu hinterfragen.
Marotzki, W., & Krüger, H. – H. (2009). Einführung in die Erziehungswissenschaft. Einführungstexte Erziehungswissenschaft / hrsg. von Heinz-Hermann Krüger, Bd. 1. Stuttgart: Budrich